Der eigentliche Anlass meines Besuchs bei Peter Radovic waren die beiden aktuellen Prämierungen im italienischen Slow Food Guide 2023, von dem er nicht nur den „Grande Olio Slow Food“ Award erhielt, sondern sein "Bianchera" Olivenöl auch eine „spezielle Erwähnung“ fand, welche in ganz Italien nur fünf Produzenten zuteil wurde. Complimenti!
Im Laufe unseres Gesprächs ging es dann jedoch immer weniger um Details wie Oliven Sorten, Temperatur bei der Pressung oder andere Dinge, die seine Öle so besonders machen, sondern mehr um Leidenschaft und Philosophie. Das sind die eigentlichen Dinge die den ungemein sympathischen und bodenständigen jungen Mann aus dem Triestiner Karst auszeichnen und mit seinen Oliven und Rebstöcken verbinden. „Olivenöl zu produzieren, erscheint im Vergleich zum Weinbau auf den ersten Blick eher einfach, und doch ist es ein Prozess, der sich über 12 Monate hinstreckt, und vor allem viel Aufmerksamkeit erfordert“ erklärt Peter Radovic. „Manchmal wenn ich die Bäume beobachte, um rechtzeitig Schädlinge zu erkennen, um dann organische Gegenmaßnahen zu ergreifen, oder wenn wir während der Blütezeit versuchen die einzelnen Blüten mit Wasser aus dem eigenen See zu schützen, kommt mir das Zitat „beeing 15 minutes famous“ von Andy Warhol in den Sinn. Eine Arbeit, die sich über 365 Tage erstreckt, um dann in wenigen Minuten von unseren Kunden wahrgenommen zu werden, wenn sie das Öl kaufen bzw. es zu einem guten Essen genießen.“
Agriturismo Radovic
34011 Aurisina TS
Tatsächlich passt das Warhol Zitat – welches übrigens erstmals 1968 anlässlich einer seiner Ausstellungen im Museum of Modern Art in Stockholm publiziert wurde – sehr gut zu Peter Radovic. Geht es ihm sowohl bei seinen Weinen wie auch beim Olivenöl doch nicht um Auszeichnungen oder Preise in beiderlei Hinsicht, sondern um die Leidenschaft und den Anspruch für immer wiederkehrende Perfektion und den damit verbundenen Genuss. „Natürlich ist jede Prämierung eine Bestätigung der Arbeit die man leistet“ erklärt Peter, aber auch nach den Auszeichnungen der letzten drei Jahre hat sich weder Geschäft oder die prouzierte Menge und schon gar nicht seine Verkaufspreise geändert. Das würde einfach nicht zu ihm passen.
Aber worin liegt nun die Kunst solch exzellente Olivenöle zu produzieren welche von internationalen Jurys ebenso wie von Haubenköchen der Region geschätzt werden. Die bloße Leidenschaft kann es ja nicht alleine sein. Die Antwort auf diese Frage liegt laut Peter im Prozess der Ernte und der damit verbundenen Verarbeitung. Am Beginn steht das richtige Timing, welches mit der Ernte der ersten Toskanischen Sorten Mitte Oktober beginnt und mit den Bianchera Oliven spätestens am 10. November endet. Zentraler Faktor ist jedoch die Zeitspanne zwischen Ernte und Verarbeitung. Und hier gibt es definitiv nicht viele Produzenten, welche dies wie Familie Radovic schaffen. Während ein Großteil der Familie die Oliven erntet, wartet Radovic Senior bereits in der hauseigenen Olivenmühle, um diese direkt bei Temperaturen von maximal 27 Grad Celsius zu pressen. „Wir haben ca alle zwei Stunden die jeweilige Menge für eine Pressung zusammen und transportieren die Oliven quasi direkt vom Baum in die Ölmühle“ erklärt Peter Radovic stolz. So gibt es de facto keine Lagerung aber auch keine Temperaturschwankungen, welchen die Oliven ausgesetzt werden. „Natürlich bedeutet das für uns einen großen Aufwand, da die Ernte von 350 Olivenbäumen entsprechend lange dauert wenn die Verarbeitung quasi „just-in-time“ in unserer kleinen, feinen Mühle erfolgt.“ Aber nicht nur der Erfolg, sondern auch die Begeisterung seiner langjährigen Stammkunden gibt ihm recht und sorgt definitiv für mehr als nur 15 Minuten Berühmtheit bei Feinschmeckern und Liebhabern seiner Olivenöle.
Ebenso spannend wie seine Öle ist auch der persönliche Werdegang von Peter Radovic, der eigentlich als Software Engineer arbeitete um diesem Bereich nach sieben Jahren den Rücken zu kehren und als einer von drei Söhnen den von Großvater Dusan gegründeten Familienbetrieb zu übernehmen. Davor jedoch ging es an die Universität von Bologna um dort die Ausbildung zum Öl-Sommelier zu machen und parallel dazu mit seiner Mentorin Marisa Cepach, der wohl italienweit führenden Expertin in Sachen Olivenöl, zu arbeiten.
Abgerundet werden die vielfältigen Aktivitäten der Familie Radovic durch das über sieben Zimmer verfügenden Agriturismo, welches von Mutter Flavia mit derselben Hingabe geführt wird mit der die Männer der Familie sich um Oliven und Trauben kümmern. Definitv ein Geheimtipp um einige Tage im Karst und vor den Toren Triests zu verbringen bzw. der perfekte Ausgangspunkt für Mountainbike-Touren zwischen Karst und Meer.
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